Ein Schweizer und eine Niederländerin, die sich 2009 in Brasilien kennengelernt hatten, heirateten und bekamen eine Tochter. 2013 zog die Familie in den Kanton Neuenburg. Bei ihrer Trennung im November 2014 unterschrieb der Vater ein Formular, das der Mutter erlaubte, mit der gemeinsamen Tochter nach Brasilien zu ziehen.
Anfang 2015 besuchte der Vater seine Tochter in Brasilien. Bei einem weiteren Besuch im April 2015 verweigerte die Mutter ihm jedoch den Kontakt zum Kind. Ende 2016 zog die Mutter mit der Tochter ohne Wissen des Vaters von Brasilien nach Französisch-Guyana um, wo sie seither leben.
Der Vater erhob Strafanzeige wegen Kindesentziehung. Das erstinstanzliche Gericht verurteilte die Mutter zu 60 Tagen Freiheitsstrafe und zur Zahlung von 5'000 Franken Genugtuung an den Vater. Das Kantonsgericht hob dieses Urteil jedoch auf und stellte das Verfahren ein, weil die Schweizer Gerichte nicht zuständig seien.
Das Bundesgericht bestätigt nun diese Entscheidung. Da der Vater dem Umzug nach Brasilien schriftlich zugestimmt hatte, war dieser rechtmäßig. Als die Mutter später mit der Tochter nach Französisch-Guyana weiterzog, hatte das Kind seinen gewöhnlichen Wohnsitz bereits in Brasilien. Die Schweizer Gerichte sind daher für Fragen bezüglich des späteren Umzugs nicht mehr zuständig. Solche Angelegenheiten fallen in die Zuständigkeit der brasilianischen und französischen Behörden.
Das Bundesgericht betont, dass das Strafrecht mit dem Zivilrecht in Einklang stehen muss. Da die Schweiz nach internationalem Privatrecht nicht befugt ist, eine Rückkehr des Kindes anzuordnen oder Fragen des Sorgerechts zu regeln, können auch keine strafrechtlichen Maßnahmen ergriffen werden.